NAVIGATION

Die Geschichte der Navigation ist eine Geschichte von vielen Rückschlägen und menschlichen Schicksalen – insbesondere in der Schifffahrt und Luftfahrt – bis heute agiert die Medizin ohne „Navigation“ – das bedingt Patientenschicksale, die mit einem „Navigationssystem der Medizin“ nicht verloren wären. Die Friedhöfe auf den nordfriesischen Seefahrerinsel Föhr, Amrum und den Halligen geben über diese Schicksale Auskunft; teilweise ist der männliche Zweig ganzer Familien in den Fluten aufgrund von „Fehlnavigation“ gleichzeitig versunken – wie den Inschriften mancher Grabsteine auf den Inseln zu entnehmen ist.

Kein Wunder, daß die Einrichtung der privaten Naviagtionsschulen auf der Insel Föhr im 16. Jhd. durch den Pastor Richardus Petri von überlebenswichtiger Bedeutung für die weitere Entwicklung dieser kleinen Seefahrerpopulation bis zur Auflösung der Föhrer Navigationschulen durch den „Einmarsch“ der Preußen im 18. Jhd. gewesen ist.

Mehr als 2.000 Kapitäne von Föhr, Amrum, den Halligen, Sylt und dem nordfriesischen Festland verdanken ihre Fähigkeiten diesem ERFOLGSMODELL. Das ist das für die Medizin und die Gesundheitswirtschaft nachahmenswerte Modell und langfristige Ziel für SÜNJHAID!:

 

NAVIGATION IN DER MEDIZIN

SÜNJHAID! orientiert sich insgesamt an diesem historischen Vorbild des Modells dieser FÖHRER NAVIGATIONSSCHULEN – so spielt durch die Architektur der Precision Medicine (siehe Leitartikel unten) auch die NAVIGATION IN DER MEDIZIN eine globale und zentrale Rolle in der weiteren Entwicklung der Medizin und wir möchten die Akteuere dieser globalen Entwicklung auf Föhr zum gemeinsamen Tun zusammenführen und diese neue Generation von Gesundheitskapitänen nach dem Vorbild der historischen „Kapitänsschulen“ von Föhr bitten ihre Innovationskraft und ihr Leadership an nächste „Gesundheitskapitänsgenerationen“ für eine nachhaltige, am Outcome orientierte und bezahlbare Medizin weiterzugeben.

Die Geschichte der Medizin (bisher weltweit immer noch ohne Navigationssystem) ist genauso eine Geschichte von vielen Rückschlägen und menschlichen Schicksalen – so ist die Diagnose Krebs bis heute trotz aller Anstrengungen nicht heilbar. Das trifft auf viele Krankheitsbilder genauso zu. Das hat seine tieferen Gründe. Im Zeitalter der PRECISION MEDICINE benötigt auch die Medizin die „architektonische“ Entwicklung und Etablierung von Multilayer-Navigationssystemen, die dem Aufbau von beispielsweise Google Maps gleichen:

Das Leitmotiv unseres Think-Tanks SÜNJHAID! ist eine nachhaltige „Precision Medicine“ als positive Konsequenz der „Molekularisierung und Digitalisierung der Medizin“ zum Patientenutzen zu etablieren:

SÜNJHAID! verfolgt das Ziel diese Value-based Precision Medicine international in unsere bestehenden Gesundheitssysteme auf der Basis multiprofessioneller & multi-stakeholder Allianzen zwischen allen Sektoren international zu implementieren.

SÜNJHAID! treibt diese Neuvermessung der Medizin an: Nach Google Maps geht es nunmehr im Zeitalter der Precision Medicine um die Entwicklung und Etablierung von Multilayer-Navigationssystemen für die Medizin:

 

NAVIGATION DER MEDIZIN 2.0:

 

Die Neuvermessung der Medizin durch Precision Medicine

Die „Neuvermessung der Medizin“ hat im Jahre 2000 durch die neue Fähigkeit zur Sequenzierung des humanen Genoms und der damit einhergehenden synchron fortschreitenden Molekularisierung und Digitalisierung der Medizin eingesetzt und ist der Wendepunkt zu einer nachhaltigen Precision Medicine.

 

Die Konvergenz von Biologie und Technologie

Die Konvergenz von Biologie und Technologie bedingt eine langanhaltende große globale Innovationswelle für neue Basisinnovationen für ein neues industrielles Zeitalter, das das Informationszeitalter ablöst (6. Kondratieffzyklus; z.Zt. bewegen wir uns noch im 5. Kondratieffzyklus, dem Informationszeitalter). Dies wurde bereits durch einen der großen Protagonisten der digitalen Ära , Steve Jobs, erkannt. Jobs sagte: „Ich denke, die größten Innovationen des 21. Jahrhunderts werden an der Kreuzung der Biologie und Technik sein. Eine neue Ära beginnt.“ Die Basisinnovationen des Informationszeitalters sind im Dreiklang: Computer- & Datenbanktechnologie – Internet – Smartphone – . Alle drei sind gleichermaßen auch das Fundament für die Konvergenz der Medizin zur Precision Medicine. Der Begriff der Precision Medicine ist der von einem Ausschuß der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Vereinigten Staaten und vom Weißen Haus direkt offiziell eingeführte Begriff. Im deutschen Sprachgebrauch wird synonym bereits der eingedeutschte Begriff „Präzisionsmedizin“ beispielsweise vom Deutschen Ärzteblatt und der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) genutzt. Da Precision Medicine eine globale, die nationalen Grenzen überschreitende Entwicklung ist, verwende ich konsequent in diesem Beitrag den international gebräuchlichen Begriff der Precision Medicine.

Die derzeitige Transformation der Medizin zur Precision Medicine ist eine technologische; diese Transformation wird unter anderem aus der Verschmelzung der immer höheren Leistungsfähigkeit von intelligenten Hochleistungs-Datenbanken und medical Datawarehäusern, der weiterhin steigenden Computerpower zu immer günstigeren Preisen, dem sozialen Networking, dem Internet, der mobilen Konnektivität mit immer höheren Bandbreiten, der Zunahme an künstlicher Intelligenz, der weiter steigenden Leistungsfähigkeit medizinscher Bildgebung, den neuen Omics-Technologien (z.B. Genomics, Proteoomis, Metabolomics usw.) und drahtlosen Sensoren gespeist. Der Arzt Eric Topol aus San Diego in Kalifornien, einem der internationalen HotSpots für Precision Medicine, hat diese multifaktoriellen Verschmelzungen in seinem weltweit beachteten Buch „The Creative Destruction of Medicine – How the Digital Revolution will create better Healthcare“ als SuperKonvergenz beschrieben. Das trifft es wohl am besten, um diese gesamte Entwicklung in einem einzigen Wort zusammenzufassen, um die nachhaltigen unumkehrbaren, nicht manipulierbaren Auswirkungen auf die Medizin im Sinne eines Compelling Effects auf die Medizin nachvollziehbar zu beschreiben.

Precision Medicine ist personalisiertes medizinisches Informationsmanagement

Der Beginn der erfolgreichen Humangenomanalyse durch Craig Venter im Jahre 2000 in den USA verbindet sich mit dem Startpunkt der realen Neuvermessung der Medizin durch Krankheitsanalyse des individuellen Patienten auf Grundlage seines einzigartigen genetisch-molekularen und individuellen klinischen Profils durch die interdisziplinären wissenschaftlichen Fortschritte in der Molekularbiologie, der Biomathematik, der Humangenomik, der Immunologie, in den vielen klinischen Fachdisziplinen und vor allem auch auf der Grundlage der massiven technologischen Fortschritte zur beschleunigten Datenverarbeitung in der Informationstechnologie zu immer günstigeren Preisen.

Die Precision Medicine ist im besten Sinne einer validen Metapher eine moderne Silicon-Valley Medicine – Die Medizin 2.0. Das dortige Leadership und die wissenschaftlichen und unternehmerischen Pioniere der Gesundheitswirtschaft weltweit befinden sich strategisch und operativ im Aufbruch zur Implementierung dieser Precision Medicine in den heutigen medizinischen Alltag und wir erleben gerade den Anbeginn einer unumkehrbaren medizinischen BIG-Data-Ära zum individuellen Patientennutzen.

Die Precision Medicine hat das Labor verlassen: Eine neue Medizinindustrie entsteht gerade weltweit – es ist auch eine Ära eines neuen Typs von Gesundheitsentrepreneuren, die all diese neuen Technologien zum Patientennutzen miteinander verschmelzen und in der Klinik und in der Forschung und Entwicklung einsetzen wollen. Die Precision Medicine ist eine am messbaren positiven Outcome für den Patienten orientierte Medizin, denn erst die longitudinale Vergleichbarkeit der Outcomedaten aus präzisionmedizinischen Methoden, führt neben der „individuellen molekularen Vermessung“ des einzelnen Krankheitsfalls zur „Neuvermessung der Medizin“ insgesamt. Der globale Markt für Precision Medicine soll 2020 bereits rd. 40 bis 80 Millarden Dollar Volumen erreichen; diese Vorhersagen zum Marktvolumen schwanken noch stark, gleichwohl, es ist klar, daß es um den zukünftigen medizin-technologischen Kernmakt mit einem hohen Millardenvolumen geht. So gehen Analysten davon aus, daß bereits 2025 der Markt für Precision Medicine deutlich die 100 Millarden Dollargrenze übertrifft. Diese Analysen machen verständlich, warum einzelnen Precision Medicine Start Up`s bereits mehrere hundert Millionen Dollar an Investorenkapital zur Verfügung gestellt wurden.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Precision Medicine sind neben der genetischen Analyse mittels der immer günstiger arbeitenden Next-Generation-Sequencing (NGS)-Technologie gewonnenen individuellen molekularen Daten zusätzliche integrative biomedizinische Technologieplattformen, die alle aktuellen biomedizinischen Datenquellen – das biomedizinische Weltwissen als Referenzsystem – mit den individuellen weiteren klinischen Daten des einzelnen Patienten für die Analyse z.B. einer Tumorerkrankung, einer immunologischen bzw. metabolischen Erkrankung usw. verbinden können. Die IT wird durch individualisiertes Informationsmanagement zum Schrittmacher der Precision Medicine.

Das Grundkonzept der Präzisionmedizin – die individuelle Variabilität des Organismus in den Mittelpunkt von Präventions- und Therapiestrategien zu stellen ist nicht neu. Seit Jahrzehnten ist die Blutgruppentypisierung vor Bluttransfusion ein funktionierendes praktisches medizinisches Beispiel dafür, daß erst aufwendige Operationsverfahren und das Überleben nach Polytraumaverletzungen oder beispielweise Hochdosischemotherapien ermöglicht hat.

Aber heute, nunmehr dank des rasanten synchronisierten technologischen Fortschrittes in der Molekularen Medizin und der Informationstechnologie, die realistische Aussicht zu haben, dieses Basiskonzept durch die jüngste Entwicklung von großen biologischen globalen Datenbanken (wie beispielsweise Datenbanken für die menschlichen Genomsequenzen oder Datenbanken zur Sammlung des biomedizinischen Weltwissens als Referenzsystemen zur „Vermessung des Einzelfalls oder von großer Kohorten“ verfügbar zu haben) und darüberhinaus leistungsfähige molekulare Methoden zur Charakterisierung von Patienten (wie Methoden zur Bestimmung des Proteoms, Metaboloms, Genoms, tele- und internetmedizinische Anwendungen und sogar mobile Gesundheitstechnologie verfügbar zu haben) und die neue immer preiswerter werdende medizinische Computerintelligenz zur IT-basierten Analyse dieser großen „Omics-“ Datenmengen verfügbar zu haben, macht die Precision Medicine zu einem bereits heute realen Szenario der Schrittmacher für unsere Medizin 2.0 zu sein, denn diese „Silcon-Valley Medicine“ ist durch ihren globalen Ansatz und den täglich steigenden Informationsgrad der Patienten und gesunden Konsumenten auf dem Vormarsch, gleichwohl wir gemeinsam erst am Anfang dieser neuen medizinischen Epoche stehen.

Was jetzt gebraucht wird, sind breit angelegte international aufeinander abgestimmte Forschungsprogramme, um die Etablierung von internationalen Standards durch die Förderung der kreativen und nachhaltigen Ansätze (z.B. standardisierte longitudinale Outcomemessung) der Präzisionsmedizin zu fördern, sie streng zu testen, und sie letztlich klinisch im Alltag als neue Standards zu verwenden, um dadurch die notwendige global verfügbare medizinische Evidenzbasis mit aufzubauen, die nicht nur zu messbar verbesserten individuellen Behandlungsergebnissen für den einzelnen Patienten führt, sondern das Gesundheitssystem weltweit volkswirtschaftlich in die dringend benötigte bessere Performance katapultiert und über die nationalen und die Grenzen der Kontinente hinweg miteinander vernetzt.

Precision Medicine wird sich daher weltweit erst dann komplett durchsetzen können, wenn sie die Performance der Gesundheitssysteme nachweisbar nachhaltig so verbessert, daß die Ausgaben für Gesundheit nicht mehr ansteigen. Die weitere Explosion der Gesundheitskosten durch eine international unkoordinierte Einführung der Precision Medicine würde nur zum beschleunigten Kollaps aller Gesundheitssysteme beitragen. Die neuen IT-Technologien aus dem Silicon-Valley haben bisher die Performance jeder anderen Industrie weltweit verbessert, so wird es auch für die Medizin kommen. Volkswirtschaftlich gibt es kein anderes Szenario; den endgültigen Kollaps seines Gesundheitswesens kann sich keine Industrienation leisten. Verständlich daher, daß die USA nicht nur technologisch, sondern auch mit ihrem politischen und unternehmerischen Leadership weltweit an der Spitze die Einführung der Precision Medicine aggressiv vorantreiben, denn die Amerikaner müssen bereits rd. den doppelten Betrag je Behandlungsfall investieren – rd. 7.000$ im Vergleich zu rd. 3.000-3.800$ in der EU – die amerikanische Formel für diese Value-based Precision Medicine  könnte daher sehr bald weltweit zur Anwendung kommen: „better and cheaper“.

Die Molekularpathologie:

Die Geburtsstunde eines neuen medizinischen Fachgebietes für molekulare Medizin

Die computer-analytische biomathematische „Vermessung“ der individuellen NGS-Sequenzierungsdaten und aller weiteren Patientendaten mit dem biomedizinischen Weltwissen eines logischen standardisierten „molekular-medizinischen“ Datawarehouses begründet analog des Mikroskops und der Zellularpathologie von Virchow das neue medizinische Fach der Molekularpathologie seit der ersten Humangenomanalyse im Jahre 2000.

So wie das Mikroskop durch die Anwendung von Virchow in Berlin vor rd. 150 Jahren die Zellularpathologie begründete – Virchow: „Die Erkrankung kommt aus der Zelle“ – so hat die Kombination aus der Entschlüsselung des humanen Genoms durch Craig Venter und der Innovationssprung der Next-Generation-Sequenzer in der Folge zur Begründung der Molekularpathologie und Molekularen Medizin als neuen klinischen Fächern geführt. Die erste Sequenzierung des humanen Genoms bedurfte noch eines Investments über 3 Millarden Dollar. In 2016, dem Erscheinungsjahr der ersten Auflage dieses Buches sind die Sequenzierungskosten für ein humanes Genom bereits unter 1000$ gefallen – neue NGS-Gerätegenerationen, die noch schneller in noch höherer Qualität zu noch geringeren Kosten arbeiten sind bereits angekündigt und werden 2018 Bestandteil der Routine sein. Dann werden die Sequenzierungskosten bereits weiter auf deutlich unter 500$ je Fall gefallen sein. Wurden anfangs zunächst vor allem solide Tumoren sequenziert so wird in Zukunft die molekulare Information zusätzlich durch Liquid Biopsy via NGS direkt aus dem Blut gewonnen. Die Steigerung der Geschwindigkeit und Qualität bei sinkenden Kosten dafür wird ganz direkt den Konsumermarkt ansprechen. Entsprechende B-to-C Businessmodelle sind bereits in Vorbereitung oder am Start.

Im Rahmen ihrer Innovationskraft hat die IT-Industrie das „Moor`sche Gesetzt“ geprägt: Alle 18 bis 24 Monate hat sich die Prozessorleistung unserer Personal Computer verdoppelt und der Preis für diese Leitungssteigerung gleichzeitig halbiert. Der Verfall der Sequenzierungskosten in den letzten Jahren hat dieses IT-bekannte Phänomen nochmals deutlich überholt. Das ist bisher einzigartig und verursacht global unglaubliche Fallzahlsteigerungen. Es ist nunmehr nicht mehr der alte Rheingraben, der damals die Apotheke der Welt und damit die globale Pharmaindustrie hervorgebrachte, sondern es ist heute vor allem das Silicon Valley und die globale IT-Industrie das diese innovative Precision Medicine zum Patientennutzen weltweit vorantreibt und eine eindeutiger neuer Machtfaktor in der Gesundheitsarena der Partialinteressen in der Medizin geworden ist, der sich eindeutig für den Patientenutzen (Value-based Healthcare nach M. Porter von der Harvard Business School als volkswirtschaftliches und medizinethisches Leitmotiv) auf höchsten Ebenen als jüngste und mächtigste Industrie der Welt einsetzt. Das wirtschaftliche Interesse ist eindeutig: Der internationale Markt der Precision Medicine wird je nach Quelle bis 2020-25 von Analysten auf 80-100 Mrd $ p.a. geschätzt.

Diese neue Medizin benötigt Leadership und Unterstützung von höchster Stelle und bekommt sie. Am 30. Januar 2015 hat US-Präsident Obama die medizinische Elite seines Landes ins Weiße Haus eingeladen, um Precision Medicine auf die nationale Agenda der USA zu heben. Precision Medicine ist in den USA zur Chefsache geworden. Eine Million Amerikaner werden bereits für eine erste Datenbasis sequenziert, klassisch ärztlich untersucht, Laborparameter usw. erhoben – der Patient wird durch diese bisher nie durchgeführte Zusammenschau seines humanen Panoramas in mehreren übereinanderliegenden Datenbankschichten komplett digital neu vermessen. Ein noch nie dagewesenes Phänomen in der modernen Medizin. Daher sprechen wir im Kontext der Precision Medicine gleichermaßen von der Neuvermessung der Medizin.

Das World Economic Forum in Davos wurde 2016 von US-Vicepresident Biden mit einem „Cancer Moonshot“ eröffnet, der zuvor bereits von Präsident Obama in seiner State of Union am 12. Januar 2016 verkündet wurde. Einziges Panelthema: Precision Medicine für die Onkologie, d.h. das internationale Leadership ist inzwischen bestens informiert, vermutlich deutlich besser als die Mehrzahl der Fach- und gesundheitspolitischen Kreise. Damit ist klar, daß in der nächsten Welle die Informationen über den nachhaltigen Patientennutzen durch Precision Medicine sich global über das Internet weiter ausbreiten wird. Das „Silicon Valley“ wird aktiv helfen diese Informationen an den Endverbraucher zu bringen. Die Patienten selbst werden gut informiert bei ihrem Arzt und direkt bei den Anbietern Precision Medicine nachfragen, die dafür bereits B-to-C-Precision Medicine in den Markt einführen. Ein für die medizinischen Institutionen, die medizinischen Fachgesellschaften, den einzelnen Arzt und die aktiven Lobbyorganisationen und die dazugehörige Gesundheitspolitik völlig unbekanntes Phänomen, daß sich Informationen über Neuerungen in der Medizin überhaupt nicht mehr steuern lassen, sondern, daß jetzt der Patient und seine Angehörigen im Informationszeitalter teilweise deutlich schneller und effektiver informiert sind. So werden die Macher der Precision Medicine selbst auch gleichzeitig die Internetmedizin vorantreiben. Die Akteure der Gesundheitswirtschaft und der Medizin werden sich schnell in ihrer neuen Rolle einfinden müssen, nicht mehr Lenker, sondern „nur“ noch Systemlotse zu sein. Diese neue internetbasierte Precision- und System-Medicine steht da, wo die Handys vor 20 Jahren standen.

Die medizinische BIG-Data-Herausforderung

Unsere neue Ära der Precision Medicine ist eine Herausforderung für unsere Medizinbetriebe und unsere Volkswirtschaften, die dafür auch eindeutiger auf den Patientennutzen unter transparenten Wegfall von Partialinteressen ausgerichtet werden müssen. Die Anpassung regionaler, nationaler und internationaler Rahmenbedingungen dafür ist zu durch aktives Leadership zu aktivieren. Unser gesundheitswirtschaftes, gesundheitspolitisches und medizinisches Leadership muß sich dafür im Wettbewerb der Medizinnationen neu miteinander zu supranationalen BIG-Data-Verbünden koordinieren. Medizinbetriebe, Volkwirtschaften und Regierungen, die diese Herausforderung nicht dynamisch bewältigen, werden im globalen Medizinwettbewerb zurückfallen. Es ist daher zu befürchten, daß die Qualität und heute die Präzision der medizinischen Versorgung international noch weiter auseinanderdriften könnte. Der USA kommt hier die Aufgabe einer Leitnation zu, die nicht nur die eigenen nationalen Interessen im Focus haben kann, um seiner „Silicon Valley Medicine“ weltweit zum eigenen Nutzen zum Durchbruch zu verhelfen.

Dieser Neubeginn ist medizinhistorisch vergleichbar mit der von Virchow vorgetragenen Erkenntnis, daß die Erkrankungsursache aus der Zelle kommt – nunmehr beginnend seit 2000 zusätzlich durch die neuen Technologien aus dem Genom, dem Proteom, dem Metabolom, dem Epigenom, dem Exposom usw.. Der erstmalige Einsatz des Mikroskopes vor rd. 140 Jahren hat die Medizin unwiederbringlich verändert, wie es seit einem Jahrzehnt die neuen Technologien vor allem der Next-Generation-Sequenzer ausgelöst haben. Tiefer als auf die DNA-, RNA-, Proteom, Metabolom und den anderen –omis-Ebenen können wir nicht mehr in unseren Organismus eindringen. Die Kunst ist dies in mehreren übereinanderliegenden Datenbankschichten (Layers) mit den bereits klinisch vorhandenen strukturierten und unstrukturierten Patientendaten zu einem Navigationssystem für die Medizin analytisch zu vernetzen.

Das humane GPS-Navigationsystem

Precision Medicine basiert auf dem gleichen technologischen Grundgedanken wie z.B. Google-Maps als dem am weitesten verbreiteten Global Positioning System (GPS) und geographischen Informationssystem (GIS):

Die geografischen Informationssysteme (GIS) wie Google Maps, die einen mehrschichtigen Ansatz übereinanderliegender Datenbanksysteme zur Auswertung und zur Visualisierung von Daten weltweit zur Verfügung stellen, wie zum Beispiel einen Standort via Satellit mit Straßennamen, Sehenswürdigkeiten und Echtzeit-Verkehrsdaten auf dem Smartphone-Bildschirm übereinander gelagert zu nur einer für den Nutzer verständlichen visuellen Ansicht verschmolzen dargestellt zu sehen, sind die besten illustrativen Beispiele den Grundgedanken und die Technologie für ein Navigationsystem der Medizin allgemeinverständlich übertragbar darzustellen. Das Beispiel des „Navis für die Medizin“ ist der datenbanktechnische Basisarchitketur für eine nachhaltige Precision Medicine.

Mit den mehrschichtigen virtuellen Ansichten in GoogleMaps, je nach individueller Abfrage und Auswertung, hat man bereits teilweise das Gefühl z.B. im Falle von Streetview physisch vor Ort zu sein. Während Google unseren Globus digitalisiert hat und somit ein GIS für die Erde geschaffen hat, ist es nun möglich, einen Menschen vergleichsweise genauso zu digitalisieren. Eine „GoogleMedMap-System für den Menschen“ liegt bestimmt nicht mehr in weiter Ferne.

Precison Medicine setzt sich in seiner Grundstruktur aus mehreren für Auswertungen zusammenschaltbaren Datenbankebenen zusammen, die nunmehr für jedes Individuum aufgebaut und analysiert werden können. Dazu gehören Daten von Biosensoren, Scannern, elektronische medizinische Aufzeichnungen, Social Media Daten, und die verschiedenen omics, die u.a. die DNA-Sequenz umfassen, das Transkriptom, das Proteom, das Metabolom, das Epigenom, das Microbiome und Exposom (Datensammlung über die authentische Umgebung in der sich das Individum in seinem Lebensumfeld bewegt).

Panoromics

Neben der einheitlichen Beschreibung und Nutzung des Begriffs Precision Medicine – Words matters – ist für diese neue Ära auch ein einheitliche Nutzung der Umfeldbegriffe zur Precision Medicine eine wichtige Basis. Einer der Vorreiter dafür ist auch der bereits erwähnte Arzt Eric Topol. Er schlägt zur Beschreibung der bildhaft vergleichbar übereinanderliegenden mehrschichtigen Datenbankebenen der „Navigationssysteme für Precision Medicine“ für diese Zusammenschau großer biologischer Datenmengen den Begriff Panoromics vor. Wie ein Panorma enthält diese Ansicht „eine Vielzahl von Informationen und deckt eine Vielzahl von Themen ab“ (Eric J. Topol, CELL 2014).

Technologischer Ausblick

Durch den weiter voranschreitenden und bereits weiter oben beschriebenen Preisverfall, der im 1. Quartal 2016 bereits die 1.000 Dollargrenze für die Whole-Exomsequenzierung unterschritten hat, wird klar, daß die NGS-Sequenzierung eine nicht mehr wegzudenkende Basistechnologie für die Precision Medicine darstellt, die sich seit Jahren weltweit ausbreitet und bereits im Übergang zur klinischen Routine ist. Entscheidend sind an dieser Stelle in Zukunft nicht mehr die Sequenzierungskosten, sondern einerseits die Standard Operating Precedures für die Qualität der Sequenzierung von soliden Tumoren nach Tumoroperationen, beginnend am OP-Tisch und die Einhaltung von SOP´s für die Blutentnahme und Verarbeitungstechniken für die Liquid Biopsy, damit die Ergebnisse in internationalen Benchmarkdatenbanken vergleichbar werden und zum Patientennutzen und für die Forschung insbesondere auch der pharmazeutischen Industrie anwendbar sind, damit die Entwicklungskosten neuer Präparate insbesondere im Zulassungsprozess drastisch sinken können und anderseits vor allem die Qualität einer standardisierten softwareunterstützten Analyse dieser Sequenzierungsdaten, da diese Datenmengen nicht mehr von in Molekularpathologie ausgebildeten Ärzten und bioinformatischen Instituten allein gehändelt werden können. Es bedarf einer industriellen Lösung, die global anwendbar ist und auf die Interpretation aller Precision Medicine Daten ausgeweitet werden kann.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass heute die Datenanalyse dieser BIG-Datamengen (Bioinformatik) das eigentliche Nadelöhr für die weltweite Ausbreitung der Precision Medicine darstellt, denn dies muß in „real time“ individuell qualitativ nachvollziehbar hochwertig zu vertretbaren Kosten geschehen, wie auch die Fähigkeit beinhalten große Kohorten von tausenden von Patienten gleichzeitig für die Forschung oder die medizinökonomische Optimierung von Behandlungspfaden zu analysieren. Auch hier ist bei den weltweit extrem steigenden Fallzahlen für Sequenzierungen aufgrund des massiven Preisverfalls (heute insbesondere Sequenzierung von soliden Tumoren) im Sinne des Moor´schen Gesetzes in der IT mit ähnlichen Preisverfallszenarien für die BIG-Dataanalyse zu rechnen, wie wir dies für die NGS-Technologie erlebt haben. Diese wird von softwaregestützten Systemen erfolgen, die alle Schichten (Genomics, Transcriptomics, Proteomics, Epigenomics, Metabolomics, strukturierte und unstrukturierte klinische Daten, Daten aus der Bildgebung, das Exposome, Daten von drahtlosen medizinischen Devices usw.) durchdringen und auf das individuelle Bedürfnis hin zum Patientenutzen hin in „real-time“ auswerten, die z.B. direkt pharmakogenomische Ergebnisse liefert, die auf der Basis der individuellen Molekularität eines Organismus die richtigen wirksamen nicht toxischen Medikamente empfiehlt. Es wird folglich ein umfassenden nie vorher dagewesenens „vollständiges Navigationssystem für die Medizin“ entstehen, daß die Precision Medicine durch die millionenfache Nutzung preiswert anwendbar macht. So entsteht in den nächsten Jahren im Sinne der SuperKonvergenz von Topol ein völlig neue faktenbasierte bezahlbare Ära der Medizin. Alle Akteure in der Gesundheitswirtschaft, die sich dem entgegenstellen werden langfristig im System durch die Wucht und Macht dieser „Silicon Valley Medizin“ nicht mehr mitwirken können. Die Precision Medicine wird zu einer heute noch nicht vorstellbaren Verdichtung der interdisziplinären Zusammenarbeit führen und heute noch getrennt agierende Fachgebiete wieder enger zusammenwirken lassen. Auch dies wird die Performance und das Outcome verbessern und Kosten sparen helfen. Krankenhäuser, die ab ca. 2030 neu gebaut werden, werden bereits in der Planung die neuen medizinischen Prozesse der Precison Medicine baulich-funktionell abbilden und es werden optimierte Krankenhausbetriebe entstehen, die durch den Einsatz der IT auf allen Ebenen Prozeß- und Kostenoptimiert sein werden – auch auf der Personalebene der medizinischen Experten, denn die Precision Medicine wird neue Expertensysteme zur Verfügung stellen. Gleichwohl die Einführung von Autopiloten im Flugbetrieb hat nicht zur Abschaffung der Piloten geführt, vielmehr sind diese jetzt dank Simulatoren besser ausgebildet und im Training. So wird es auch in der Medizin sein.

Dr. Henri Michael von Blanquet, MD, MaHM
Institut für nachhaltige Präzisionsmedizin Berlin